Punk ist wie ne Religion

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Funprox

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Bad Alchemy

Nr. 46 (03/05)

Dass S.Y.P.H. mit Punk/Wave-Band nur unzureichend beschreibbar ist, zeigt sich auf Rare & Lost Into The Future (VOD 12, LP) überdeutlich. Die geradezu krautigen Züge, die Uwe Jahnke, der nach einem Kinks-Song benannte Can-Fan Harry Rag, Uli Putsch & Jojo Wolter zeigten, führten die Crack in the Cosmic Egg-Autoren auf den Einfluss des Punksympathisanten Holger Czukay zurück, der bei PST (1980) & SYPH (1982, beide Pure Freude) mitgemischt hat wie umgekehrt die Solinger bei dessen Welt-Rekord-LP On the Way to the Peak of Normal (1981). Wie auch immer, die Rare & Lost-Ausgrabungen räumen dem straighten Song an sich und dem Prinzip Harte Musik mit deutschen Texten wenig Platz ein. Statt dessen gibt es zwischen dem einigermaßen harmlos rockenden Auftakt ‚I want you' und der finalen ‚Fuddel Spirale' wirr und weird eiernde Tänzchen auf der Blöd- bis Gut-blöd-Skala und Blutgrätschen gegen den rundgelutschten Pop-Konsumbetrieb. Das plunderphonische Radiosurfing + Mundharmonika-Stück ‚Acoustic Alarmclock' trägt schon einen merkwürdigen Erdbeergeschmack, wird aber gleich noch überboten durch die grenzdebile Minimal-Art-Brut von ‚Musik zu zweit' und erst recht durch das monotone Vollsuffgelaber ‚John Thursday'. Alle Erwartungen auf ‚Unterhaltung' oder ‚Dröhnung' werden demonstrativ berülpst und verkackeiert. Die Verweigerungsstrategie setzt sich auf der Arsch-Seite nach dem Cheap-Electro-meets-Pathosgitarre-Titeltrack fort mit der Kapielski'esk betitelten, drum-machine-verschnarchten Wave-Simplizität von ‚Lebensgunst' und das war dann schon der poppige Teil. ‚Nur eine Atmo' entpuppt sich als Klangcollage aus Glockengeläut, Vogelstimmen, Verkehrslärm, ‚Fairabendjezz' mit seinem Mülltonnengroove und Trompetengetröter ist allenfalls Jazz, wie er zwischen Armstrong und Zorn nicht im Buche steht und ‚Fritz Franz' ist ein derart fuddeliger Weltraumspaziergang, dass man gar nicht merkt, wenn er in die ‚Fuddel Spirale' mündet. Nun mögen sich die Geister scheiden - sind das Abfallprodukte der Bart- & Orgelverächter, die besser nicht ans Tageslicht gekommen wären, ‚Gunstkacke', oder der wahre Punk auf einem Level für Fortgeschrittene? S.Y.P.H. hatten sich nie auf Punk-Format reduzieren lassen und, neben ‚Zurück zum Beton'-Provokationen nach Links und Christian-Na-Klar- & Rudi-Dutschke-Koketterie nach Mitte-Rechts, immer nach dem klanglichen Normenverstoß gestrebt bis hin zum Ein-Akkord-Monster ‚Euroton'. Editiert wurde die Rare & Lost-Compilation in Ljublijana, denn dorthin hat es Harry Rag verschlagen. Punk war einmal und ‚Verschwende deine Jugend' ist inzwischen Regierungsprogramm und nur Überschlaue deuten das als Rache der Hippies an ihren einstigen Verächtern.
rbd 02/05 - *gz 03/05

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