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Bad Alchemy 48 (11/2005)

V I N Y L - O N - D E M A N D (Friedrichshafen)
Der 18. VOD-Release, Wahrnehmungen 1980/1981 (VOD 18.1-4, 3 x LP + 7"), der sich ganz um die Mainzer Gruppe P16.D4 dreht, besticht das Sammlerherz als kastanienbraune Luxus-Box, gefüllt mit 3 Split-LPs plus Bonus-7". Aus dem Fundus des Labels Wahrnehmungen, auf dem Joachim Stender & RLW, denen sich dann noch Roger Schönauer anschloss, von Mitte 1980 bis Ende 1981 24 Produkte veröffentlichten, wurden zum 25. Anniversary weitere Beispiele für die Kreativität der Main-Herz-Ist-Rhein-Region ausgewählt. Einige Highlights liegen bereits als Reissues vor, was in BA nicht unbemerkt blieb: In Search Of C. R. (W 001) von Rogalli aka eaRLy W auf Swill Radio, Inweglos von P.D. auf Absurd, Wer Nicht Arbeiten Will Soll Auch Nicht Essen (W 011) und V.R.N.L. (W 023) von P16.D4 auf Was Soll Das-Schallplatten. Frank Maier ist zusammen mit Ralf Wehowsky in die Wahrnehmungen-Ritzen gekrochen und hat 5 der alten Kassetten für die Vinyl-Freaks von heute aufpoliert: Land Unter! von ERTRINKEN VAKUUM (W 013) + Todeskommando im Hexenkessel von KURZSCHLUSS (W 018), Brückenkopf von PERMUTATIVE DISTORSION (W 021) + Schlagt sie tot! (W 015) von LLL, DER APATHISCHE ALPTRAUM (W 019) + Tödliches Schweigen von P16.D4. Letzteres, benannt nach J. Stenders kurzlebigem Post-Wahrnehmungen-Label, ist sogar bisher unveröffentlichter Stoff, drei Improvisationen und ein Songentwurf, den Gerd Poppe, Roger Schönauer & RLW im Sommer 1981 in Mainz & Wiesbaden erwerkelten. Das i-Tüpfelchen bildet die P16.D4-Single Disdrafts nur für Mitglieder im VOD-Club mit zwei Collagen aus derDistruct-Phase, ‚Black, Black, Always Black. Black', das eine RLW-Basslinie mit Klangfetzen von Bladder Flask & The Haters konfrontiert, während ‚Schmutz-Fugen' in einer Kollaboration von RLW mit Sea Wanton von Non Toxique Lost entstand.

Hinter ERTRINKEN VAKUUM steckte Thomas Memmler aka Kasperle Killerpilz (soviel zum Thema Deutsche Peinlichkeit), der damals zusammen mit RLW und Permutative Distorsion den geniallen Dilettanten in sich frei setzte. Seine mulmige Klangcollage ‚Herz der Finsternis' ertränkt ein verhuschtes Volkslied aus hellen Frauenkehlen in rückwärts gurgelnden paranormalen Tonbandstimmen und formt daraus einen schlurfenden Lo-Fi-Loop, der sich mit einem schlaffen Pochen parasitär ins Hirn bohrt. Der russische (?) Tonfall einer Politikerstimme (?), von Fanfaren und Chören scheint den Staub der Geschichte aufzuwirbeln und erinnert mich an Vladimir Tarasovs 8 Jahre jüngeres Atto III ‚Drumtheatre', das in stalinistischem Propagandamaterial der 30er Jahre wühlte. Das Herz der Finsternis scheint im Zentrum des 20. Jhdts zu pochen. KURZSCHLUSS, ein kurzfristiges Duokonzept von RLW & Joachim Stender, schwenkte mit seiner minimalistisch-verspielten Abstraktion die schwarze Fahne des Anti-Pop. Wie der Folterapparat von Kafkas Strafkolonie sticheln sie monoton regelmäßige Zahlencodes in die Rückenhaut und verwischen mit Jod die austretenden Blutstropfen. Bis die Verzifferung durchdreht, das Tempo anzieht, gleichzeitig rhythmisch zu stottern beginnt und mit einem alarmierend jaulenden Impulsstakkato die Nerven traktiert. Der pochende Stumpfsinn und die Jaulerei, generiert mit einem Korg MS 20-Synthesizer, Radio und Rhythmusmaschine, perforiert so nicht ohne Jux und Ironie mit nadelspitzen Bissmustern die dünne Membrane zwischen einerseits und andererseits. Ein Titel wie Todeskommando im Hexenkessel lässt auf eifrige Lektüre von Landser-Heftchen schließen, wie sie auch mir in den 70ern das ‚Opa-war-in-Ordnung'-Bild von heldenhaften deutschen Vaterlandsverteidigern vor Tobruk, Narvik und Charkov nahebringen wollten. Das ebenfalls martialisch betitelte Brückenkopf von PERMUTIVE DISTORSION schlug beim ‚Wettlauf gegen die Zeit' in die Kerbe zwischen ‚Neue Naivität' und ‚Neue Sachlichkeit', mit Alfred Döblin-Zitaten im Synthie- & Gitarrengewitter und Popsongparodien mit Vocodergesang zu Beats aus der Krabbelkiste: Mein Herz macht bumm. Stender, RLW & Thomas Memmler mit katzenjämmerlichem Gefiedel flogen Patrouille entlang des Limes zwischen Kitsch und Kunstkacke und verlasen Gegenvorschläge für die Verbesserung von Mitteleuropa. In LLLs Schlagt sie tot! - das Pseudonym steht für den P.D.-Mitbegründer und Infra-Jazz-Erfinder Joachim Pense - hallt Volkes Stimme in der Lynchstimmung der RAF-Jahre nach. Musikalisch verblüfft der Griff zur Gitarre mit leicht verbeulten spanischen und Countryanklängen und Jenseits-von-Gut-und-Böse-Gezupfe und sporadisch einem Bisschen Lo-Fi-Singsang. Manchmal lässt Pense aber auch nur Luftlöcher aufreißen, blendet Funkstimmen ein oder ein elektronisches Fiepen, bevor er mit einer Flöte in die ‚Röhrensysteme' der Infra-Normalität absteigt.

DER APATHISCHE ALPTRAUM, das war Roger Schönauers Alleingang, bei dem er Stichworte lieferte wie ‚Sekundär', ‚Nonverbale Jugend' und ‚Alles ist so schrecklich gut'. Da hört man schon den typischen Tonfall heraus, mit dem die Mainzer Aisthetiker den ‚Rhythmus des Fortschritts' anno 1980 ff als böses Hinken enttarnten. Im Plädoyer „für mehr Interesse und auch Sympathie für die vordere Front der Technologie" durchmischen sich Noisestaubwolken mit Vogelgezwitscher und Kirchenglockengebimmel. Muezzinarabesken subvertieren Carusos Belcanto, ‚Dunkle Verwicklungen' spotten jeder ‚Transparenz' und selbst wenn es den Durchblick durch die verworrenen Verhältnisse gäbe - „Clarity is not enough". P16.D4 mischt sich in die Verhältnisse ein wie ein Art Brut-Akkordeonist unter ein Polizeiorchester, gräbt ‚Tunnelsysteme' ins ‚Wonderland of Orange', Maulwürfe einer Volksgenossenschaft ohne ‚Verfügungsraum'. ‚Ein neues Gefühl für Stabilität' allenfalls abseits von Ego- & Psychotrips, in heikler Balance von Innen- & Außenleben. No Guru, no Method, aber im Zusammenwirken von RLWs Gitarrenmäander, Schönauers Bass und Poppes Getrommel psychedelisch-krautig wie später kaum noch. Wieviel von der Stimmung in der Bundesrepublik damals die Brown Box den Nachgeborenen vermitteln oder in den im Schulterzucken geübten Veteranen jener Zeit wecken kann, ist müßig zu spekulieren. Sie wird eh im Regal der paar Hundert Sammler kalt gestellt. Der Selbstwiderspruch der bewusst anästhetischen Schwarzweißoptik, die bei ERTRINKEN VAKUUM TGs Todesfabrikmotiv variiert, in ihrer nachgedruckten Veredelung löst nachträglich das unbewusste Kunstwollen des dominanten Teils der P.D.-Posse ein, das bereits 1980 zum pidi (phon.)/pede (phon.)-Split zwischen Joachim Stenders Wave-Neigungen und den Avanttendenzen der Übrigen geführt hatte und ab 1982 zur Engführung des Wahrnehmungen-Spektrums im konzeptionell strengeren Selektionsprogramm. Wenn das dann in seiner sperrigen und störenden Nichtrepräsentierbarkeit im schadlos permissiven ‚System der Zeichenproduktion', wie es im P.D.-Jargon hieß, gleichgültig und wirkungslos totgeschwiegen wurde, dann blieb ihnen immerhin der ‚Erfolg' als NDW-Hitlieferanten für die sich formierende Gib-Gas-ich-will-Spaß-Generation erspart. Und in weiser Voraussicht auch das Schicksal eines ‚Hitgiganten' der 80er in der Retrohölle von SAT 1. Modeschau mit DIE TÖDLICHE DORIS, das gab es schon mal 1991 mit den Showgarderoben von Müller, Utermöhlen & Kruse als Kunstobjekten. Die Morphologische Modemusik Welten - Worlds - Ohontsa' shón:'a (VOD 19) erklang aber bereits am 14.10.1984 auf der Durchbruch-Modenschau in der Berliner Deplana-Kunsthalle. Der mehr oder weniger lethale Beitrag der Doris bestand im Geschmurgel von 24 Audiotapes, abgespielt auf mehr oder weniger defekten Kassettenrekordern. Dazu spielte - und das kann man mehr oder weniger glauben - die Gerry-Belz-Show-Band, ein vom Arbeitsamt vermitteltes Trio mit Schlagzeug, Akkordeon und Gitarre und einem Muzakrepertoire gängiger Déjà-vu-Dudeleien. Die verrauschte Melange dieser Ingredienzen inklusive einplätschernden Modeschaubeifall erfreut nun das mehr oder weniger dupierte Ohr. Handgespielte Musik, wenn auch der mechanisch-routiniertesten Sorte, und typische Tapeeffekte, Schleifen, Loopen oder ein Schmieren, das wie blökende Schafe klingt, begegnen und mischen sich auf einem dritten Medium, der Vinylscheibe, serviert wie ein köstliches Marzipantortenstück für Modeschautanten. Dass Die Tödliche Doris kulinarische Gelüste oder ästhetizistisches Design bedient, war bisher nicht gerade naheliegend. Der Gedanke lässt sich auch nur denken mit Wörtchen wie ‚Kult' oder ‚Camp' als Vermittler. Sechs Beweisfotos auf der Innenhülle zeigen leider nur Negerkampf im Dämmerlicht einer Fischli & Weiss-Rumpelkammer. Nun, Wolfgang Müllers Einbildungskräfte sind erwiesener Maßen unerschöpflich, wenn es gilt, die Welt, wie sie ist, in seiner MÜLL-Konzeptkunst zu spiegeln und zu brechen oder unhörbar und außermusikalisch zu vertonen. Ob Elfen oder Eisenbahnen, Urpflanzen oder Meisenknödel, Fledermausultraschall oder Gebärdensprache, ob Walther von Goethes oder Wittgensteins Isländische Reise, das Tatsächliche, Mögliche oder nachträglich Berichtigte zu beschweigen oder zu betonen hat er so perfektioniert, wie es wohl nur ein von den Genien gestreifter Dilettant fertig bringen kann.

Ungehörtes Unerhörtes (VOD 20) von KOSMONAUTENTRAUM schlägt zum Auftakt mit ‚Kosmonautentraum Nr.3 Der Deutsche', einer köstlichen Auflistung aller Laster des Klischeedeutschen, in die beliebte antideutsche Kerbe. Ursprünglich war dieser Track Teil der ersten Kosmonautentraum-7" Immer laut hören von 1980 (MJ91223, im Monogam-Vertrieb). Der Flip-Stoff der Single, die lo-fi-krätzigen Kosmonautenträume ‚Nr.1' & ‚Nr. 2 Alltag', ersteres ein weirder Bolero-Verschnitt, letzteres ein quietschiger Spielautomaten-Hornissenflug, folgt am Schluss. Außerdem gibt es Auszüge aus den ZickZack-7"s Rache (1981) und Liebesmühn (1982), das Titelstück und ‚Tanz den Kosmonaut' von der ZickZack-LP Juri Gagarin (1982), das den Taufpaten dieser Sonic Fiction im Titel grüßt, und ein Betrag als Band-Projekt Statschki-Proskekt zum Tapesampler Intredent-Fansette (1985). Der Rest, Stoff des Band-Projektes Ziggy & Eno von 1981, schlummerte bisher ungehört den nun beendeten NDW-Dornröschenschlaf. Vorträumer in der Hannoveraner Kosmonautenkapsel war Ziggy XY (Michael Jarick), Co-Pilot der Schlagzeuger E.K.T. (Eckart Kurtz), beides ‚Moderne Männer' mit dem Drang zum ‚genialen Dilletanten' (Achtung: der Rechtschreibfehler als Programm), die zusammen auch das Fanzine Heute machten. Hinter ‚Eno' steckte Jörg Laubisch von Spargel Tapes. Der Clou sind freilich Jaricks lyrische Ergüsse und die variable Vortragsweise von Ziggy, mal Sprechgesang, mal Ziegengemecker (‚Goldene Nacht'), mal pures Rezitativ (‚Husarengebrechen'), mal Lars Rudolph-Gekiekse (‚Bärte entstellen Wärter'): „Musik - Musik - Metapher, Hallelujah!" Abstrus-assoziatives Garn von immer wieder verblüffendem Einfallsreichtum, verpackt in Drummachinegeplimpel, Kaufhauskeyboards, Blockgeflöte, Percussion und Taperauschen. Der späteste Track ‚Lösch das Feuer' aus dem finalen Kosmonautentraum-Jahr 1987 scheint dagegen die Einstürzenden Neubauten kopieren oder parodieren zu wollen.

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http://www.thesoundprojector.com/2007/02/14/vinyl-about-cassettes/

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